Blumentopf Interview

„Am Schluss muss es halt ein guter Song sein“

Weit hatten sie es nicht. Für die Blumentopf ist St.Gallen fast noch ein Heimspiel, Süddeutschland grad so um die Ecke. Vor mir sitzen 60% der Truppe: Roger Mangulus, Sebastian Weiss und Bernhard Wunderlich (ebenso bekannt unter den Namen Specht, Sepalot und Holunder, u.a.). Schon seit den frühen 90er Jahren trägt die Band ihren Teil zur deutschen Hip-Hop-Kultur bei. Die Texte, eine Mischung aus unterhaltsamer Gute-Laune-Musik, politischen Botschaften und ironischen Seitenhieben gegen die Welt und nicht zuletzt auch mal gegen sich selbst. Ihr mittlerweile sechsten Album „Wir“ erschien im vergangenen Jahr und wurde erst kürzlich durch ein Platte ergänzt auf denen die Herren aus Süddeutschland einen volksnäheren Zugang zur eigenen Musik fanden.

Was hört Blumentopf auf der Autofahrt hier her?

S: Wir fuhren mit zwei Wagen. Bei uns lief jedenfalls nichts, oder doch, der Soundtrack von Super Mario Cart, fünfstimmig.

R: Ich habe für die Fahrt heut extra eine Deutsch-Rap-Mix-CD gemacht um alle Up-to-Date zu bringen. Ich suche immer nach dem Perlen im… – wo möchte ich gar nicht sagen – aber man muss schon richtig Handschuhe anziehen.

Du bist also für die musikalische Weiterbildung in der Band zuständig.

R: Musikfans waren schon immer alle. Am Anfang habe ich alles gehört. Das Rap-Ding ist erst durchs selbermachen gekommen. Man kann das mit dem schauen von Skateboardvideos vergleichen, man sieht sie sich an und probiert es danach selbst. Hatte man am Anfang nur das Lied gut gefunden, verstand man erst so, wie gut jemand überhaupt ist. Es hätte ja auch Snap sein könnnen, für mich war es halt Musik und was mir gefällt höre ich mir an.

Ihr seid seit 1992 zusammen, hättet ihr damals schon gedacht, dass ihr fast 20 Jahre später immer noch Musik macht?

S: Auf keinen Fall.

B: Bis jetzt ist es ziemlich genauso eingetroffen wie ich es mir damals im Kinderzimmer ausgemalt habe.

S: Nachdem wir die erste Platte fertig hatten sollte jeder aufschreiben wie viel wir von der ersten Platte verkaufen würden. Die Schätzungen gingen wahnsinnig weit auseinander. – Von fast nicht vorhandenen Stückzahlen bis hin zu – ich war da schon ein wenig optimistischer – vierstelligen Zahlen. Am Ende lagen wir alle ganz schön krass daneben.

Was wäre der Alternativplan gewesen?

R: Fast jeder hat mal irgendetwas gearbeitet. Ich bin Grafiker und Sebastian hat mal technischen Umweltschutz studiert. Wir sind quasi etwas reingewachsen und halt von der Schule, dem Zivildienst etc. in den Tourbus gestiegen.

B: Wir kannten uns teilweise schon aus Kinderzeiten. Cajus und Bernhard kannten sich schon vor der Geburt durch den Schwangerschaftsbäuche ihrer beiden Mütter. Der Grossteil lernte sich über das Skateboardfahren kennen. Das war schon immer unser gemeinsamer Nenner.

Und nun, das Skateboard an den Nagel gehängt?

S: Vor 20 Jahren hab ich wohl mal gedacht ich werde Skateboardprofi. Naja, geträumt. Gewusst habe ich schon, dass es nichts wird.

Mit „Fenster zum Berg“ habt ihr in diesem Jahr noch ein für euch etwas ungewöhnlich besetztes Album herausgebracht.

S: Mit der Platte verbinden wir zwei Welten, die beide mit uns zu tun haben, wir sind eine bayrische Band und mit der Musik dort irgendwie gross geworden. Anderseits hat uns der HipHop schwer geprägt. Es war spannend das zusammenzubringen. Wir waren selbst sehr geflasht darüber wie gut das funktioniert.

Dann konntet ihr also gleich neue Zielgruppen für euch erschliessen?

B: Wir spielen mit der zusammen mit Blaskapelle Münsing nächsten Dienstag im Münchener Hofbräuhaus. Ich bin schon gespannt auf das Publikum. Ich glaub schon, dass die neue Zielgruppe dort zahlreich anwesend sein wird.

S: Es gab auch Angebote auf dem Oktoberfest zu spielen. Wir können uns jetzt langsam richtig grosse Bäuche antrinken können.

Gibt es eine Arbeitsteilung bei euch, wenn ihr an Liedern arbeitet?

S: Immer wenn man zusammenarbeitet kommt auch viel Müll raus bis du endlich mal das Album hast. Durch die Erfahrung hat man natürlich schon ein Gespür dafür was funktioniert. Jeder versucht seinen Platz im Song zu finden. Man muss nur aufpassen, dass man den anderen nicht mehr davon runterschiebt.

R: Wir versuchen gute Musik zu machen. Jeder macht was er denkt. Mal hat man in der Richtung was zu sagen, mal in der anderen.

B: Am Schluss muss es halt ein guter Song sein. Es geht nicht darum, wie wichtig die Botschaft sein soll. Sonst kann man gleich für eine Zeitung schreiben.

Vielen Dank für das Gespräch.